PMS-Studie zu Stimmungsschwankungen und die Presse

Was wir heute in Spiegel Online lesen mussten, geht über einen dummen chauvinistischen Spruch weit hinaus. In breiten lettern und mit bewusst eingesetztem Wortspiel von Konjunktiv und Indikativ soll uns (und vielleicht der Männerwelt?) weis gemacht werden, dass das prämenstruelle Syndrom wohl doch nur eine Erfindung wehleidiger Frauen sei.

Ganz große Augen haben Montag Morgen zig Tausend Frauen gemacht, die diese Überschrift in der Online Ausgabe des Spiegel lesen mussten: „Weiblicher Zyklus: Der Mythos von der prämenstruellen Zicke„. In der Folge werden anerkannte prämenstruelle Beschwerden wie das übermäßige Spiel der Emotionen immer wieder als „Klischee“ bezeichnet und damit der Eindruck suggeriert, PMS sei die nicht medizinisch nachgewiesene Einbildung einiger, weniger (verwirrter) Frauen.

Auch den zweiten Satz des Artikels muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Das Klischee hält sich hartnäckig: In den Tagen vor ihrer Menstruation sind Frauen besonders launisch. Forscherinnen schüren jetzt mit mehreren Studien Zweifel am prämenstruellen Phänomen“. Um danach sofort die medizinische Seite ins Lächerliche zu ziehen und das Ratespiel „Therapy“ zu zitieren, als ob das Ratespiel irgendetwas zum Thema prämenstrueller Störungen beitragen würde.

Kurz darauf dann im Spiegel-Artikel: „PMS scheint keine Erfindung der modernen Medizin zu sein.“

Nein, lieber Spiegel Online. PMS ist weder eine „Erfindung“ noch ist das Prämenstruelle Syndrom eine Störung, die lediglich im 20ten Jahrhundert beobachtet worden ist. PMS ist ein medizinisch anerkannter Beschwerdenkomplex, deren Beschwerden aber eben nicht nur Gemütschwankungen, sondern ein bunter Blumenstrauss von emotionalen und physischen Einschränkungen sind.

Warum der Artikel Meinung gegen PMS und Frauen, die unter PMS leiden, machen möchte, ist uns schleierhaft. Die Studie, die Spiegel Online zitiert 1, besagt lediglich, dass Stimmungsschwankungen nicht signifikant eindeutig mit dem Zyklus in Zusammenhang zu bringen sind. Stimmungsschwankungen sind aber bei weitem nicht das einzige Symptom der prämenstruellen Beschwerden. Die Symptome, wie sich PMS äussert, sind vielmehr extrem vielfältig. Eine Frau, bei der sich prämenstruelle Beschwerden aber mit Brustspannen äussern würde, wäre in dieser Untersuchung eine der Frauen, die keine Stimmungsschwankungen hat, oder zu anderen Zeitpunkten.

Was bedeutet das jetzt für PMS? Garnichts, denn die Untersuchung hätte zumindest die wichtigsten 10 Symptome von PMS berücksichtigen müssen. Bedauernswert, dass Spiegel Online solche reisserischen Artikel in seinem Gesundheitsresort platzieren muss, anstatt hier etwas neutraler zu schreiben. Auf einen Link zu diesem Artikel verzichten wir bewusst. Andere Online Illustrierte setzen sich da etwas kritischer mit der Aussage der Studie – und mit dem was sie eben nicht aussagt – auseinander, so wie hier auf Brigitte.de.

Wenn ihr euch durch den Artikel veräppelt fühlt, setzt bitte einen Link hier drauf oder teilt die Seite mit facebook oder Twitter. Danke!

  1. Ramans S et al., „Mood and the mentrual cycle: a review of prospective data studies“; GendMed 2012, Oct; 9(5), S. 361-384

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One Response to PMS-Studie zu Stimmungsschwankungen und die Presse

  1. phanta 7. Januar 2013 at 17:27 #

    Danke für diesen Beitrag. Ich bin eine Frau, die schon seit der ersten Menstruation entsetzliche Schmerzen und Übelkeit hatte. Schulaufgaben in diesen Tagen versemmelte ich immer, weil ich mich nicht konzentrieren konnte. In den Schwangerschaften musste ich mich die ganzen Monate ständig übergeben, und die Geburten waren Horror. Ich wurde psychiatrisiert, nachdem auch noch eine Borrelioseerkrankung 10 Jahre unentdeckt blieb. Zu all dem Leid auch noch die Demütigung, die schwere Arbeit im Dreischichtdienst, zudem alleinerziehend. Ich komme jetzt in die Wechseljahre, alles wird symptomatisch schlimmer. Seit ich aber keine Psychopharmaka mehr nehme, und mich aus der Pathologisierung selber rausgekämpft habe, und meinen schweren Beruf als Altenpflegerin gewechselt habe, bin ich psychisch stabiler und sacke nicht mehr automatisch auf den Level Wunschzusterben ab. Ich habe gelernt damit umzugehen und kann einfach nicht verstehen, warum die, die eh schon so leiden müssen, auch noch als Täter dargestellt werden. Übrigens hilft mir offenbar die Yamswurzel. Meine Zysten, die ich ständig operieren lassen musste, sind geplatzt und ich fühle mich insgesamt ausgeglichener. Übrigens hab ich das Helfersyndrom, bin eine Frau, die allgemeinhin als sehr lieb bezeichnet wird. Passiert aber was vor den Tagen was heftiges, was nicht oft vorkommt, bin ich tatsächlich hochexplosiv. Die Scherben hilft mir natürlich keiner aufheben. Übrigens habe ich schon Mütter gesprochen, die behaupten, dass Geburten gar nicht wehtäten, und dass wir anderen alle nur Jammerlappen seien, die auf Mitleid hoffen. Der schlimmste Feind der Frau sind also nicht ahnungslose Männer, sondern solche stutenbissigen Frauen, die einfach das Glück haben, ein unbeschwertes Leben führen zu dürfen.

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